Im Kreis der niedersächsischen Sozialdemokraten beginnen die Vorbereitungen für die auf den 20. Januar 2013 terminierten Landtagswahlen ein wenig früher als gewöhnlich. Die Genossen haben sich darauf verständigt, den Herausforderer von Ministerpräsident David McAllister (CDU) per Basisentscheid zu bestimmen.

(bus) Ihre Bereitschaft zur Kandidatur signalisierten sowohl Landeschef Olaf Lies als auch Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil. Letztgenannter weilte am Sonnabend auf Einladung der SPD-Unterbezirke Diepholz, Nienburg und Schaumburg im Bückeburger Ratskeller, um deren Mitglieder für sich zu gewinnen.

Was ihm, gemessen am reichlich spendierten Applaus und dem wohlwollenden Grundtenor, mit dem das Publikum spezielle Details nachfragte, gelungen sein dürfte. Weil (52) hat den Oberbürgermeisterposten in der Landeshauptstadt vor fünf Jahren übernommen. Zuvor war er (seit 1997) dort Stadtkämmerer und verfügt dementsprechend über große kommunalpolitische Erfahrung. Vor seinem Wechsel ins Rathaus hatte er als Rechtsanwalt, Richter, Staatsanwalt und im Justizministerium gearbeitet. In Bückeburg stellte Schaumburgs SPD-Chef Karsten Becker den Wettstreit zwischen Lies und Weil als „Luxusproblem“ dar und signalisierte – „wir Schaumburger sind ihm sehr verbunden“ – für die am 27. November dieses Jahres anstehende Mitgliederbefragung ein Votum zugunsten des Hannoveraners.

Weil zog zunächst ein aus seiner Sicht positives Fazit der zurückliegenden Kommunalwahlen. „Die niedersächsische Landesregierung hat in ihrem eigenen Land keine Mehrheit mehr, Schwarz-Gelb ist in einer wirklich schwachen Position, Rot-Grün hat eine Riesenchance, am 20. Januar 2013 wieder in die Regierungsverantwortung zurückzukehren“, lautete seine Erkenntnis. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen kamen vor allen Dingen die Themenfelder Bildung, kommunale Finanzkrise und demografischer Wandel zur Sprache. Im Bereich der Bildung bestehe in Niedersachsen ein eklatanter Nachholbedarf. „Es fehlt an allen Ecken und Kanten“, betonte Weil und führte als Beispiele Unzufriedenheiten in der Bevölkerung bei Kinderbetreuung, Lehrerversorgung, Abitur mit zwölf Jahren, Ganztagsangeboten und Gesamtschule an.

Mit Blick auf die kommunale Finanzkrise meinte der Oberbürgermeister, dass „die Betroffenen sich eine Riesenmühe geben, aber nicht mehr wissen, wie es weitergehen soll“. Es sei Aufgabe der Landespolitik, das zu ändern. Falls unter den ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikern der Eindruck entstehe, nicht mehr gestalten zu können, „dann wird das auf die Dauer nicht gut sein für unsere Demokratie“. Weil: „Deswegen möchte ich einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, dass die kommunale Selbstverwaltung gerade in Niedersachsen eine bessere Chance bekommt, als das heute der Fall ist.“ Beim demografischen Wandel attestierte der Redner der regierenden Koalition ein komplettes Versagen. „Die Landesregierung tut so, als ob es das Thema überhaupt nicht geben würde.“ Sie habe in diesem Zusammenhang „keine einzige nennenswerte Initiative“ ergriffen.

Über die idealtypische Beschaffenheit eines Kandidaten meinte Weil: „Ein solcher Mensch muss nicht nur die eigenen, eingefleischten Parteifreunde überzeugen, am besten begeistern, sondern er muss auch darüber hinaus attraktiv und wählbar sein.“ Und über die Aussichten auf einen Wahlsieg: „Wir können nur dann gewinnen, wenn sich auch Menschen, die sich nicht als geborene Sozialdemokraten fühlen, sagen, denen und dem schenke ich mein Vertrauen.“ Es gehe indes „nicht nur darum, die Wahlen zu gewinnen, sondern auch darum, anschließend zu regieren“. Wahlen stellten lediglich den Anfang der Arbeit dar. Weil: „Ich bin fest davon überzeugt, dass die nächsten Jahre der Regierungsverantwortung nicht vergnügungssteuerpflichtig sind.“

sn-online.de vom 23.10.2011, Foto: bus