Pressemitteilung von „Bad Nenndorf ist bunt“ - Bündnis gegen Rechtsextremismus e.V.

„Bad Nenndorf ist bunt“ schlägt Expertenanhörung vor

Um die Agnes-Miegel-Debatte zu versachlichen, regt der Vorstand von „Bad Nenndorf ist bunt“ für den Herbst eine Expertenanhörung in Form einer Podiumsdiskussion an. Der Vereinsvorsitzende Jürgen Uebel hatte in seiner Stellungnahme vom 25. März 2013 „Für eine kritische Auseinandersetzung mit Agnes Miegel in Bad Nenndorf“ plädiert. Er fügte einige Argumente an, die zum Nachdenken über die Rolle Miegels im NS-Staat sowie über ihre gegenwärtige Würdigung im öffentlichen Raum auffordern. Dennoch plädiert er für einen ergebnisoffenen Dialog.

BNib-Vorstandsmitglied Steffen Holz belegte anschließend in mehreren Stellungnahmen, dass sich Agnes Miegel bereits im Frühjahr 1933 eindeutig politisch auf die Seite der Nationalsozialisten schlug, zu einer der Trägerinnen nationalsozialistischer Literaturpolitik wurde und sich nach der Kapitulation der Wehrmacht nicht eindeutig vom Nationalsozialismus distanzierte.

In Stellungnahmen der Agnes-Miegel-Gesellschaft und mehreren Leserbriefen in den Schaumburger Nachrichten wurde auf diese Sachargumente jedoch vorwiegend emotional erregt reagiert: Agnes Miegel habe dies nur unter Druck oder aus politischer Unwissenheit getan; außerdem habe sie sich nach 1945 von der NS-Ideologie distanziert. Die angeführten Belege sind durchaus umstritten. Weiterhin wird den Miegel-Kritikern die „Inszenierung eines Provinztheaters“ und eine „Hexenjagd“ vorgeworfen. Auch eine „Eliminiert-Miegel-Welle“ sollen sie angestoßen haben. Sachargumente, die irgendetwas davon belegen könnten, fehlen hier.

Um den Diskussionsprozess über die literarischen und politischen Aktivitäten Agnes Miegels nicht weiterhin in einem vergifteten Klima stattfinden zu lassen, regt „Bad Nenndorf ist bunt“ jetzt ein Expertengespräch im Herbst an. Erst vor einem solchen Hintergrund sollten politische Entscheidungen über die weitere Würdigung von Agnes Miegel im öffentlichen Raum getroffen werden.

„Wir schlagen eine Podiumsdiskussion von unabhängigen Experten und Wissenschaftlern vor, die sowohl die literarischen Werke, aber auch die sonstigen Aktivitäten von Agnes Miegel während der NS-Zeit kritisch bewerten können. Auch „Bad Nenndorf ist bunt“ und die Agnes-Miegel-Gesellschaft sollen zu Wort kommen“, so Jürgen Uebel.

Bad Nenndorf wurde als „Ort der Vielfalt“ ausgezeichnet. Die Stadt steht durch die „Trauermärsche“ von Neonazis und den Widerstand dagegen seit Jahren im Blickfeld einer kritischen Öffentlichkeit. Warum soll Bad Nenndorf jetzt einer eigenständigen konsequenten und professionellen Auseinandersetzung um Agnes Miegel ausweichen?

Eine ähnliche Debatte läuft derzeit landesweit um die Rolle und Bedeutung des ersten Niedersächsischen Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf.
In Hannover stellt sich die Frage: soll der Platz vor dem Landtag, der nach ihm benannt worden ist, umbenannt werden oder nicht?

Eine vergleichbar sachliche Diskussion sollte doch wohl auch in Bad Nenndorf um Agnes Miegel möglich sein!


Jürgen Uebel, Bad Nenndorf, 25.6.13

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