Die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat im Hotel Hannover im Zeitraffer den Wandel der Frau vom fremd- zum mitbestimmenden Wesen in der Gesellschaft nachgezeichnet.

Als die Sozialdemokratie vor 150 Jahren entstand, hatten Frauen aller Schichten nach Zypries’ Worten eines gemeinsam: Sie durften in Parteien und Vereinen nicht mitwirken. Die Gleichberechtigung der Geschlechter habe von Anfang an zum Programm der SPD gehört. Karl Liebknecht habe gesagt, eine Partie, die die Gleichheit auf ihre Fahnen schreibe, schlage sich selbst ins Gesicht, wenn sie die Hälfte der Bevölkerung ausgrenze.

Die ersten Frauen in der Politik wurden als Blaustrümpfe verunglimpft. Das Verbot der Parteizugehörigkeit umgingen die frühen Sozialdemokratinnen um Clara Zetkin mit dem Trick, eine Zeitung herauszugeben, deren Abonnement automatisch einer Parteimitgliedschaft gleichkam. Bald hatte die SPD 17 Prozent weibliche Mitglieder, heute sind es 31 Prozent. Zypries räumte ein: „Da gibt es auch noch Nachholbedarf.“

Die Revolution von 1918 war ein entscheidender Schritt, es folgte das Wahlrecht für Frauen, das Sozialdemokraten durchsetzten. Einen Rückschlag bedeutete die Nazi-Herrschaft, als Frauen wieder an den Herd verbannt werden sollten. Später forderte Elisabeth Selbert erfolgreich, dass in Artikel drei des Grundgesetzes der Passus aufgenommen wird „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“.

Lange haben sich Sozialdemokratinnen gegen eine Frauenquote gewehrt, 1988 beim Parteitag in Münster sei dann aber eine solche eingeführt worden. „Heute kann man sagen, die Quote war nötig und erfolgreich“, betonte Zypries. Weitere Meilensteine im Streben um Gleichberechtigung seien die Einführung eines fairen Scheidungsrechts und des Prinzips „wer schlägt, der geht“, das prügelnde Männer des Hauses verweist, gewesen. Stets hätten Sozialdemokraten entscheidend mitgewirkt.

Die von der Bundesregierung eingeführte „Herdprämie“, wonach Frauen fürs Kinderbetreuen daheim Geld bekommen sollen, bezeichnete Zypries als Rückschritt. Dieses Geld wäre besser in die öffentliche Kinderbetreuung investiert.

Noch immer verdienen Frauen zwölf Prozent weniger wie Männer im selben Beruf. „Deshalb wollen wir endlich eine verbindliche gesetzliche Regelung, auf die Frauen sich berufen können, wenn sie Lohndiskriminierung erleben“, so Zypries. Diese Diskriminierung könne ein Grund für die niedrige Zahl an Frauen in Aufsichträten und Vorständen sein. Die SPD sei auch dabei für eine feste Quote.

Mehrere Zuhörer wiesen auf einen nötigen Bewusstseinswandel hin, um noch mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Zypries brachte es auf diese Formel: „Frauen müssen endlich das Recht haben, genauso mittelmäßig zu sein wie Männer. Bei denen wird nämlich nicht so genau hingeschaut.“ gus

sn-online.de vom 27.07.13