Die ostpreußische Dichterin Agnes Miegel (1879-1964) hat seit 1953 ihren Lebensabend in Bad Nenndorf verbracht und ist 1954 zur Ehrenbürgerin der damaligen Gemeinde Bad Nenndorf ernannt worden. Auch wenn die Ehrenbürgerwürde mit dem Tode erloschen ist, wird Miegel in Bad Nenndorf weiterhin in vielfältiger Weise gedacht. So betreibt beispielsweise die Agnes-Miegel-Gesellschaft in ihrem ehemaligen Wohnhaus ein Literaturmuseum. Neben diesem privaten Engagement gibt es ein Denkmal im Kurpark und einen Platz, der nach ihr benannt ist. Außerdem wird die Grabpflege durch die Stadt Bad Nenndorf finanziert und auf der Homepage für das Agnes-Miegel-Haus geworben.

Angestoßen durch ein Positionspapier des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“ ist erneut eine kritische Diskussion über die befürwortende und unkritische Haltung Miegels zum Nazi-Regime angestoßen worden. Sie hat sich unter anderem mit der Mitgliedschaft in der NSDAP, der Unterzeichnung des Gelöbnisses treuester Gefolgschaft zu Adolf Hitler (1933), aber auch in einigen Werken eindeutig positioniert. So ist ihre Hinwendung zu Blut-und-Boden-Themen nicht zu übersehen. Glorifizierende Hymnen auf Adolf Hitler wie beispielsweise „Dem Führer“ (1938) oder „An den Führer“ (1940) verdeutlichen ihre Einstellung. Bemerkenswert ist, dass sie sich nach heutigem Kenntnisstand auch nach 1945 in keiner Weise von früheren Äußerungen distanziert hat.

Bei einer kritischen Auseinandersetzung ist die Frage angebracht, ob es 2013 noch zeitgemäß ist, eine Schriftstellerin, die zwar ihren Lebensabend in Bad Nenndorf verbracht hat, bei der aber durch Wirken und Werk berechtigte Zweifel an ihrer demokratischen Integrität bestehen, weiterhin durch die Stadt Bad Nenndorf geehrt werden sollte. Es geht dabei nicht um eine fachliche Beurteilung des Wertes ihres literarischen Werkes, sondern um eine politische Aufarbeitung ihrer Haltung zum Nationalsozialismus.

Der stellvertretende Vorsitzende der Bad Nenndorfer SPD Bernd Hothan ist der Auffassung, dass es zu keiner Bilderstürmerei kommen sollte. Aber die problematische Haltung Miegels zum Nationalsozialismus veranlasst die SPD durchaus, eine weitere Würdigung oder gar Werbung mit Miegel beispielsweise auf der Homepage der Stadt Bad Nenndorf abzulehnen.

Agnes Miegel ist 1964 auf dem Bad Nenndorfer Friedhof bestattet worden. Seitdem wird die Pflege des Grabes nicht privat, sondern von der Stadt Bad Nenndorf bezahlt. Im vergangenen Jahr hat sich die SPD dafür ausgesprochen, die Grabpflege nicht weiterhin mit Steuermitteln aus der Stadtkasse zu finanzieren. Eine Mehrheit von CDU und WGN hat aber im Verwaltungsausschuss anders entschieden.

Hothan legt Wert darauf, dass niemand beabsichtigt, die Arbeit der Agnes-Miegel-Gesellschaft in ihrem ehemaligen Wohnhaus einzuschränken.

Dennoch ist die Außenwirkung des Agnes-Miegel-Denkmals in prominenter Lage neben dem Schlösschen inmitten des Kurparks vor dem Hintergrund des heutigen Geschichtsverständnisses nicht mehr zeitgemäß. Kürzlich hat es sogar eine erste Demonstration am Denkmal gegen Agnes Miegel gegeben.

Die SPD Bad Nenndorf schlägt vor, dass das Denkmal von Mitarbeitern des Bauhofes abgebaut und der Agnes-Miegel-Gesellschaft kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Skulptur könnte dann beispielsweise im Garten des Agnes-Miegel-Hauses aufgestellt werden.