In Sachen Kurhaus befindet sich die Nenndorfer Politik „in der Findungsphase“. So hat Horst Schlüter (SPD) die Beratungen im Planungs- und Umweltausschuss des Samtgemeinderates am Dienstagabend zusammengefasst.

(kcg). Ein Beschluss zur Zukunft der maroden Immobilie in Besitz der Stadt Bad Nenndorf ist noch nicht in Sicht. Zunächst müssen weitere Fakten und Zahlen ermittelt werden. Erst dann können sich die Politiker aus Stadt und Samtgemeinde für eine von zwei Alternativen entscheiden: Sanierung oder Abriss.

Auch die Frage, ob das Kurhaus im Falle einer Sanierung weiterhin gewerblich oder als Verwaltungsgebäude genutzt wird, ist offen. Fest steht aber: Der von der SPD vorgeschlagene Umzug des Rathauses ins Kurhaus und ins Haus Kassel ist möglich. Das ist das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die der Barsinghäuser Architekt Oliver Zech im Ausschuss präsentiert hat.

So könnten im Haus Kassel im Erdgeschoss Bürgerbüro und Touristinfo, im Obergeschoss Ordnungsamt und Standesamt und im Dachgeschoss die KurT-Verwaltung untergebracht werden – mit der Konsequenz, dass die bestehenden Mietverträge für die Wohnungen gekündigt werden müssten. Im Kurhaus würden die weiteren Ämter der Verwaltung 100 Prozent des Obergeschosses ohne den Kursaal einnehmen. Die Bestandsmieter könnten nicht mehr untergebracht werden. Im Erdgeschoss könnten Lager und Archiv eingerichtet werden, Einzelhandel, Gastonomie und die Praxis würden bestehen bleiben.

Seinen Ausführungen stellte Zech die Bemerkung voran: „Das ist eine reine Bedarfsstudie, die prüfen soll, ob ausreichend Flächen vorhanden sind. Sie ist mit keinem konkreten Planungsauftrag verbunden.“ Auch Volker Busse (SPD) betonte nach Fragen einiger Kurhausmieter (siehe Kasten): Von einer Umsetzung der Studie sei noch keine Rede. Sie diene lediglich der Information als Voraussetzung für eine Entscheidung. Sollte sich die Politik tatsächlich für den Rathaus-Umzug aussprechen, würde in Absprache mit den Mietern „gemeinschaftlich“ eine Lösung gefunden werden.
Die Kosten für den Umbau im Haus Kassel schätzt Zech auf rund 1,2 Millionen Euro, für das Kurhaus würden 668 000 Euro plus mehr als fünf Millionen Euro für die Sanierung anfallen. Die Gesamtkosten für das Vorhaben liegen bei 8,2 Millionen Euro.

In der Beratung plädierte die SPD dafür, das Rathaus ausschließlich im Kurhaus und im Haus Kassel lediglich das Bürgerbüro unterzubringen. Das würde die Kosten um 1,2 Millionen Euro reduzieren. „Wir halten den Umzug des Rathauses ins Zentrum nach wie vor für sinnvoll“, erklärte Busse. Auch die CDU sprach sich dafür aus, das Haus Kassel „nicht anzutasten“ und bei einem Umzug der Verwaltung ins Kurhaus auch den Kursaal in die Planung einzubeziehen.

Mieter fordern bessere Information und Planungssicherheit

Ratsfrau Sabine Finsterle, die gemeinsam mit ihrem Ehemann die Chiropraxis im Kurhaus betreibt, hat am Dienstag auf die Situation der Mieter aufmerksam gemacht. „Das sind alles Existenzen, die Planungssicherheit brauchen“, betonte die Sozialdemokratin.

Viele Mieter seien verunsichert, da immer noch Unklarheit über die Zukunft des Kurhauses bestehe. „Es ist schwierig damit umzugehen und die Situation den Patienten und Kunden zu vermitteln.“ Zudem würden sich die Mieter nicht ausreichend informiert fühlen. „Wir erfahren das meiste aus der Zeitung und nicht direkt aus der Verwaltung“, kritisierte Finsterle.

Für die Zukunft wünsche sie sich eine bessere Kommunikation. Zudem hätten etliche Mieter erheblich in ihre Räume investiert. Wie Uwe Harms (Podo-Praxis), der nach eigenen Angaben erst kürzlich einen Laborraum für mehrere Tausend Euro finanzieren musste. Harms machte außerdem deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Praxen im Kurhaus bei der Planung für den Rathaus-Umzug berücksichtigt werden müsse.

Erst abwägen, dann entscheiden

Wir sind bei der Entscheidungsfindung ganz am Anfang“, bilanzierte Karl-Walter Brüggenwirth (WGN) im Planungs- und Umweltausschuss. Ziel der Politiker ist, zunächst alle Alternativen für die Zukunft des Kurhauses zu prüfen.

Nachdem die Kosten für die Sanierung mit gewerblicher Nutzung und der Nutzung als Verwaltungsgebäude ermittelt wurden, soll nun geprüft werden, wie teuer der Abriss des Kurhauses samt Neubau eines Verwaltungsgebäudes im Zentrum werden würde. Zudem wollen die Politiker wissen, welche Kosten für die Sanierung und zukunftsorientierte Gestaltung des Rathauses an der Rodenberger Allee anfallen würden.

Die Ergebnisse sollen in einer öffentlichen Fachausschussitzung vorgestellt werden. Erst dann gelte es abzuwägen, die Fakten zu diskutieren und eine Entscheidung über das Kurhaus zu fällen, waren sich die Fraktionen am Dienstagabend einig.

sn-online.de vom 06.06.2012