Der Platz vor dem Winckler-Bad ist am Sonnabend neonazifrei geblieben. Das erste Mal, seit die Rechtsextremen in der Kurstadt auflaufen. „Das ist ein Sieg für die Bürger“, kommentierte SPD-Landtagsabgeordneter Karsten Becker das Ergebnis der Proteste, während die Neonazis zurück zum Bahnhof liefen.

Von Oliver Nowak

Für die Niederlage der Neonazis ist ein breites, spontan gebildetes Bündnis verantwortlich gewesen.

Während „Bad Nenndorf ist bunt“ und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) von der St.-Godehardi-Kirche über die Fußgängerzone zur Bahnhofsstraße in Richtung „Kleines Gymnasium“ zogen, versammelten sich hinter dem Bad Nenndorfer Bahnhof gut 200 linke Demonstranten.

Gegen 11.30 Uhr setzte sich der Zug der linken Demonstranten in Bewegung, der Vorplatz des Winckler-Bades war das Ziel. Vor dem „Kleinen Gymnasium“ trafen die bürgerlichen mit den zusammen. Trotz Anfrage des DGB und von „Bad Nenndorf ist bunt“ beschlossen die linken Demonstranten jedoch, separat über die Bahnhofsstraße zum Winckler-Bad zu ziehen. Dort brannte die Sonne vom Himmel, während die Redner deutlich machten, dass die Neonazis Bad Nenndorf nicht für ihre Zwecke missbrauchen dürfen, und zwischendurch Musik spielte.

Um 14 Uhr wurde die Versammlung offiziell ausgelöst, doch nur wenige Menschen verließen den Platz. Viele haben sich bereits auf die Straße gesetzt. Die Polizei erkannte dies als Spontanversammlung an. Bald sprach sich herum, dass sich einige aus dem linken Lager als menschliche Blockade organisiert hatten. In einer kleinen Pyramide hatten sich vier linke Demonstranten an den Fingern angekettet. Andere schlossen sich wiederum in kleinen Gruppen an den Hälsen mit Bügelschlössern zusammen. Gegen 15 Uhr löste die Polizei die Spontandemonstration offiziell auf und forderte die rund 200 Menschen vom bürgerlichen und vom linken Lager auf, den Platz vor dem Winckler-Bad zu verlassen. Eine gute Stunde später begannen die Beamten, die ersten Demonstranten zum Gehen persönlich aufzufordern und bei Weigerung wegzutragen.

Während aus dem linken Lager laute Protestrufe gegen das Vorgehen der Beamten schallten, räumten einige bürgerliche Demonstranten den Platz. Eine Vielzahl blieb jedoch sitzen und wurde von den linken Demonstranten mit Sprechchören ermuntert zu bleiben. Die Polizei hingegen kreiste die Demonstranten mit Bereitschaftskräften ein. Wer noch im Kessel saß, wurde weggetragen. Die Beamten sprachen jeden Demonstranten an, ob er freiwillig gehen wollte, wer getragen werden musste, dem droht nun ein Strafverfahren.

Doch das schien für den überwiegenden Teil nicht von Bedeutung zu sein. Die Polizei räumte den Platz vorerst langsam ab. Um kurz vor 17 Uhr stellten die Beamten das Räumen kurz ein und verteilten Wasser und Apfelschorle, was bei den in der Sonne sitzenden Demonstranten Jubel auslöste. Gegen 17.30 Uhr setzten die Beamten das Räumen fort. Doch bis nach 19 Uhr konnten die Einsatzkräfte die Straße nicht von den menschlichen Blockaden mit Bügelschlössern und der Pyramide räumen.

Gegen 19.20 Uhr war klar, die Neonazis sind zurück auf dem Weg zum Bahnhof. Den Platz vorm Winckler-Bad hatten sie in diesem Jahr nicht bekommen. Und ein weiterer symbolischer Erfolg war, dass das bürgerliche Bündnis die Bahnhofstraße benutzen durfte, die Rechten nicht.

sn-online.de vom 04.08.2013